UM WAS GEHT ES?

Um was geht es?
Kunst oder Kunststück? Im Zweifel für die Kunst! Oder ist der Versuch strafbar, sich auf Farbe und Form einzulassen? Nur der Strich ist frei von allen Eingrenzungen und Bedrängungen. Er ist zu zart und zu schmal und nicht fassbar in seiner Authentizität.

Die Form kann unanständig, schön, aggressiv, liebevoll oder auch dickflüssig sein. Formal kann es neun Ecken haben und eine glatte Oberfläche, aber in der Regel sind nur zwei Löcher in der Gesichtsland- schaft, um die unendlich schrille Welt zu ertragen oder zu genießen.

Sonntags und zu Hochzeitsfeiern trage ich einen Schlips, ich denke in Blau, damit die beiden Weiden an der Koppel- straße in Schwingung geraten. Blau fand ich schon immer gut, besonders wenn es um Farbe geht. Blau ist das Meer, Blau ist auch die Farbe im Kamener Nacht- jackenviertel und gewisse Herren nächtigen unter der Fünfbogenbrücke. Früher trafen diese Herren dort auch die Mädels, um ihnen etwas über die blaue Farbe zu flüstern.

Die Farbe ist kantig und unterstützt den heftigen Strich, der in der Malerei sowie in der Zeichnung zu einer meiner starken Ausdrucksmöglichkeiten gehört. Farbe könnte ich teilweise fressen, denn allein der Geruch von Ölfarbe wirkt berauschend und betörend. Probleme macht der Kopf, denn der Denkprozess ist schneller als die umsetzende Hand. Ein Wechselspiel von Lust, Anspruch und vibrierender Gestik trifft auf einem Punkt zusammen.

Herr

 

Ist es dann Kunst? Die Lust, etwas herzustellen, ist einer der wichtigen Anteile, um einen künstler- ischen Prozess zu initiieren. Handwerkliche, rationale Überlegungen spielen eher eine untergeordnete Rolle, denn sie würden die Mitteilung eines Werkes in ihrer Spontaneität und Aussage er- heblich reduzieren. Kunst ist die Sprache in ihrer Zeit und mit ihrem Gesagten immer der Zeit voraus. Kunst ist immer politisch und der Künstler steht mit einem Bein im Gerichtssaal.

Sicherlich ist die Entscheidung, für die Kunst zu arbeiten, nicht einfach, denn eine Belohnung gibt es selten dafür. Aber trotzdem ist diese Aufgabe eine der ehrlichsten der Welt. Würden Sie diesem Herrn ein Zimmer vermieten?